….gefühlt immer wieder auf Start.
Ob wir derzeit wollen oder nicht, wir alle sind mitten in Veränderungsprozessen sowohl privat als auch im pädagogischen Berufsfeld. Was im Februar noch unmöglich schien, ist Alltag geworden- fast täglich ändern sich entscheidende Faktoren in unserem Leben. Ein Gefühl der Unsicherheit ist ebenso spürbar wie der Spruch „In jeder Krise steckt eine Chance“ fast schon inflationär Anwendung findet. Nur “gefühlt?“ und nur jetzt in der „Corona ZEIT?“ Vielleicht sind wir immer in Veränderungen? Sie ebenso wie wir, unsere Familien, unsere Freunde, unsere Teams und Kolleg*innen, unsere pädagogische Arbeit und die Kinder, die wir begleiten.
Veränderungen geschehen immer. Um zu (über)leben passen wir uns laufend an unsere Umwelt an und manchmal nehmen wir Veränderungen kaum bewusst wahr. Dabei ändern sich Menschen in der Regel ungern, Veränderungen sind mit Energieaufwand verbunden (unsere Biologie versucht, uns gut zu schützen), Ängste und Überforderungen können aufkommen, wir fühlen uns plötzlich inkompetent, haben es nicht mehr im Griff und Bedürfnisse, wie der Wunsch nach Sicherheit, Zugehörigkeit und Halt, sind in uns deutlich spürbar.
Doch wir profitieren auch, wenn Neues entsteht. Und so gibt es Veränderungen, die wir herbeigesehnt haben und bewusst angehen. Der Widerstreit kreativer Ideen und die Begeisterung des Ausprobierens und Erkundens lassen uns neugierig verschiedene Wege probieren. Hermann Hesse beschreibt es poetisch in seinem Gedicht „Sieben Stufen“ mit den Worten „In jedem Anfang steckt ein neuer Zauber“, Teenies erleben es als Unabhängigkeitserfahrung gegenüber der vorangegangenen Generation und Kinder schlicht als Lebensfreude im Spiel.
In jedem Fall wünschen wir uns, wenn schon Veränderungen geschehen, dann bitte mit einer Phase des Anfreundens und Aufwärmen, einem gewissen Vorlauf eben, gern auch mit einer Phase verbunden, in der wir Sinn und Ziel für die Veränderung finden oder wenigstens, welchen Vorteil ein neuer Zustand dem jetzigen gegenüber bieten könnte.
All diese Vorüberlegungen aus klassischen Change-Management Ratgebern fehlten uns in den letzten Wochen: Kaltstart sozusagen. Mittlerweile haben wir uns warmgelaufen, oder besser, sind in neue Settings gestolpert, haben einander von einer anderen Seite kennengelernt, ausprobiert, geirrt, (hoffentlich auch kleinste) Erfolge gefeiert, Mut gegeben, Gelassenheit entwickelt, resigniert, Auszeiten erhofft und mehr denn je erfahren, VERÄNDERUNGEN FINDEN IMMER STATT. Wir können entscheiden, wie wir diesen begegnen, wir können Erkenntnisse gewinnen, wie diese gelingen und wir können uns auf diese Prozesse einlassen.
Also wie geht Veränderung? Welche Muster liegen dahinter und wollen beachtet werden? Warum erleben wir uns so verschieden im Team? Wie können gemeinsame Wege und eine verständnisvolle Kommunikation gelingen? Wie kommen wir ins Tun, also von der Theorie in die gelebte Praxis?
Rückblick auf ein gelungenes online- Seminar
Ein Phänomen haben mit Sicherheit alle Teams erlebt, während einige noch jammern und besonders nach dem „Warum es nicht gehen kann!“ suchen, sind andere schon dabei, sich an die Umsetzung der Maßnahmen zu machen. Einige eilen voraus im Aktionismus, andere bewahren und prüfen jede Eventualität, die kommen könnte. Um es vorwegzunehmen: Jede Strategie hat ihre Berechtigung und jede wird gebraucht. Es lohnt sich jedoch der prüfende Blick an welcher Stelle, zu welcher Zeit, welche Strategie förderlich ist und welche einen selbst und andere konsequent ausbremst.
Die sogenannte Kurve der Veränderung (von Kurt Lewin, Elisabeth Kübler Ross und Richard K. Streich) dient als Modell für die Darstellung der unterschiedlichen Positionen im Veränderungsprozess. Sie spiegelt unsere Handlungsmuster im Verlaufe des Prozesses wieder, die von „Schock“ bis „Integration des Neuen“ in den gelebten Alltag reichen und sowohl bei Individuen als auch in Organisationen gelten. Wie schnell diese Phasen durchlaufen werden und wie ausgeprägt die Höhen und Tiefen sind, ist individuell sehr verschieden. Gleich bleibt jedoch, dass sich die Wahrnehmung unserer eigenen Kompetenz von Phase zu Phase verändert.
1. Phase: Veränderungen starten mit Schock, mal größer und mal kleiner, je nachdem welche Auswirkungen die Veränderungen auf unser Leben haben und wie ausgeprägt die individuelle Fähigkeit ist, mit Veränderungen umzugehen. Sätze wie „Das können die doch nicht mit uns machen!“ oder „Wie soll das denn gehen?“ bis hin zum erstmal nach Hause gehen, Ablenken, Vermeiden und Abwarten, sind typisch für diese Phase.
2. Phase: In der Phase der Verneinung sind Aussagen wie: „Das kann doch gar nicht sein!“ oder „Das glaube ich nicht!“ zu hören. Die Ablehnung gegenüber der Veränderung und das Nicht-wahrhaben-Wollen werden zum Ausdruck gebracht.
3. Phase: Es folgt die Phase der rationalen Einsicht, gern auch als „Ja, aber!“- Phase oder „Kopfakzeptanz“ bezeichnet. Sie ist gekennzeichnet von passiven oder aktiven innerlichen und äußerlichen Widerstand. Gründe der Einsicht werden gesucht, diskutiert und erläutert und im Idealfall können diese nachvollzogen werden. Auf emotionaler Ebene ist die Entscheidung jedoch noch nicht akzeptiert. „Die Entscheidung kann ich ja nachvollziehen, aber funktionieren wird es nicht.“ „ Das ist ja sinnvoll, aber hat man sich auch mal überlegt, wie das bei uns gemacht werden soll?“
4. Phase: Mit der Akzeptanz auf emotionaler Ebene kommen Veränderungsprozesse in die Phase des Loslassens – dem „Tal der Tränen“. Es wird bewusst, dass jetzt nicht mehr nur „die Anderen“ (z.B. Leitung, andere Kolleg*innen) involviert sind, sondern man selbst ebenso betroffen ist. Die eigenen, lange einstudierten Verhaltensweisen müssen geändert bzw. neue Kompetenzen müssen erworben werden.
Das Durchleben dieser Phase bestimmt über Erfolg oder Misserfolg. Ohne Fokus auf bewährte Dinge, die auch in Zukunft bleiben können und ohne bewussten Abschied von Altem, können sich Menschen kaum nachhaltig Neuem zuwenden. Damit ist ein imaginärer Punkt im Veränderungsprozess erreicht. Die nun folgenden Phasen sind jene, in denen ein Team (eine Person) im Handeln ist, die Selbstwirksamkeit und die Wahrnehmung eigener Kompetenz den Prozess aktiv zu gestalten steigen stetig an.
„Wie soll das denn gelingen?“- die Wirklichkeit in der Praxis sieht oft anders aus!
Damit die nächsten Phasen der Veränderung gemeinsam im Team gelingen können, tut man gut zu erkennen, in welcher Phase jeder einzelne steht und welche Beweggründe dafür existieren. Diese sollten gegenseitig als legitim verstanden werden. Gegenteiligen Interessen ist Platz einzuräumen, ohne über andere Meinungen „drüberzufahren“. Rasche „faule Kompromisse“, welche Auseinandersetzungen in scheinbare Harmonie und Ruhe wandeln sowie dauerschleifenartige, ergebnislose Diskussionen sollten vermieden werden.
Erfolgreiche Veränderungen brauchen eine wohlwollende Aufmerksamkeit sowohl auf sichtbare Themen wie Strukturen und Prozesse, als auch auf die weniger sichtbaren Themen wie Verhalten, Beziehungen und Kommunikation, Glaubenssätze und welche Dynamiken und Paradoxe im Team eine Rolle spielen.
An dieser Stelle folgten wir im online-Seminar den Grundsätzen bei Angeboten durch das Kolleg. Wissen, Weitergeben und Werte heißt: keine Theorie ohne Praxis und keine Praxis ohne Theorie. So folgten Impulse für die praktische Arbeit, Hinweise zur Förderung der eigenen Handlungskompetenz als Unterstützung zur Reflexion der persönlichen Strategien und Blick eröffnend auf die Struktur des Teams (der Organisation). Abschließend im 2. Teil des online-Seminares wurde es ganz praktisch mit einer agilen Methode- dem Lean Coffee.
Agil? Das klären wir in einem späteren Blogbeitrag. Doch sei uns der Hinweis gestattet, dass auch in unseren digitalen Seminarangeboten die Methoden so ausgewählt werden, dass sie sowohl in der analogen Welt als auch der digitalen Welt angewendet werden können.
Wir laden ein, zur Fortführung des online-Seminares in Teil 2 zum Thema Veränderung mit den Phasen der 5 bis 7, die Phasen der Neugierde, Ausprobieren über Erkennen, Zuversicht bis hin zur gelungenen Integration. Anmeldung für den 30. September sind hier möglich: